Homeoffice-Regelung und die steuerliche Relevanz auf Arbeitgeberseite

30. November 2020

Aufgrund der „Corona-Krise“ sind auch steuerlich scheinbar erschöpfend besprochene Themen nun wieder in aller Munde: So auch das Thema des häuslichen Arbeitszimmers und die damit verbundene Frage, ob durch die Nutzung eines Raums für betriebliche Zwecke durch den Arbeitnehmer eine Betriebsstätte begründet werden kann. Fraglich für den Arbeitgeber ist, ob durch einen Heimarbeitsplatz eine Betriebsstätte mit weitreichenden steuerlichen Folgen in einem anderen Land, in welchem der Arbeitnehmer im Rahmen seines Homeoffice arbeitet, begründet werden kann. Insbesondere ist ein steuerlicher Anknüpfungspunkt über einen sog. ständigen Vertreter nach neuster Rechtsprechung möglich.

Weit verbreitet bietet eine Vielzahl von Arbeitgebern, aus der Not geboren, Ihren Arbeitnehmern die Möglichkeit des Homeoffice an. Wie mit Meldung vom 16.07.2020 über die Presseagenturen vermeldet wurde, bietet bspw. auch Siemens über die krisenbedingte Situation hinaus, jedoch ohne Rechtsanspruch, den Mitarbeitern an, nun zwei bis drei Tage in der Woche von zuhause zu arbeiten.

Neben der Produktivität und der Effektivität als Vorteile des mobilen Arbeitens, welche auch Siemens sieht, hat es darüber hinaus im Sinne einer weitergehenden Flexibilisierung des Arbeitsalltages den Vorteil, dass zukünftig weniger Büroimmobilien weltweit angemietet werden müssen.1 Neben den ökonomischen Vorteilen können möglicherweise auch ökonomische Nachteile eine Rolle spielen, welche vorab kritisch hinterfragt werden müssen.

Möglicherweise wird aus steuerlichen Gesichtspunkten eine Betriebsstätte, einschließlich der weniger bekannte Tatbestand eines ständigen Vertreters, begründet. An die Begründung eines solchen Rechtsinstituts knüpft sowohl das deutsche, aber auch das internationale, Steuerrecht häufig umfangreiche steuerliche wie auch sonstige administrative Pflichten mit ggf. drastischen steuerlichen Mehrbelastungen.

Beim Begriff der Betriebsstätte steht auf der einen Seite die nationale Regelung, welche sich für das Steuerrecht aus § 12 AO ergibt, auf der anderen Seite auch die weitergehenden Definitionen aus internationalen Standards.

Als Betriebsstätten nach § 12 AO, im Sinne der nationalen Norm, sind feste Geschäftseinrichtungen oder Anlagen zu verstehen, die der Tätigkeit eines Unternehmens dienen. Darunter fallen klassischerweise Niederlassungen, Geschäftsstellen, Hallen und Werkstätten, Lager, Verkaufsstellen, aber auch Bauausführungen und Montagen, welche länger als sechs Monate andauern. Diesbzgl. spricht man von der 183-Tage-Regelung. Ortbezogenheit, Dauerhaftigkeit sowie Verfügungsmacht sind die Anknüpfungspunkte des deutschen Steuerrechts.

Aufgrund der jüngsten Entwicklungen kann entgegen der bisherigen Auffassung, dass eine Verfügungsmacht nur bei entsprechendem, jederzeitigem Zutrittsrecht des Arbeitsgebers in die privaten Räume des Arbeitnehmers anzunehmen sei, nunmehr selbst bei einer Homeoffice-Regelung grundsätzlich eine Betriebsstätte begründet werden, insbesondere wenn der Arbeitnehmer kein Büro zur Verfügung gestellt bekommt, obwohl sich das aus dem Charakter des Beschäftigungsverhältnisses als notwendig erweist. In der Regel wird sich dies jedoch bei lediglich vorbereitenden Tätigkeit bzw. Hilfstätigkeit nicht ergeben. Jedoch ist hier stets auf den Einzelfall abzustellen.

Im Zweifel ist nach Maßgabe eines jeden ausländischen Steuerrechtes zu beurteilen, ob Anknüpfungspunkte für eine steuerliche Berücksichtigung im jeweiligen Land vorliegen.

Für eine multinationale Betrachtung kann auf Verlautbarungen der OECD hingewiesen werden, welche zwar nicht bindende Vorgaben macht, jedoch diese eine Orientierung bieten: Rein einer Notsituation geschuldetes Tätigwerden eines Mitarbeiters im Rahmen des Homeoffice wird wohl nicht als Begründung einer Betriebsstätte gewertet.2

Für eine genauere Betrachtung des Einzelfalls sind möglicherweise entsprechende Verständigungsverfahren, welche zwischenstaatliche Abkommen zwischen einzelnen Staaten darstellen, heranzuziehen. Inwieweit diese Regelungen auch für Home-Office Regelungen anwendbar sind, bleibt individuell zu prüfen.

Des Weiteren ist durch aktuelle Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 23.10.2018 ein neues Verständnis des ständigen Vertreters und der damit verbundenen steuerlichen Fragen geschaffen worden. Seit diesem Urteil können Organe einer Gesellschaft, also bespielhaft ein Geschäftsführer (aber längst nicht nur), in einem anderen Staat (bspw. in Deutschland), sofern Ansässigkeit in einem Staat vorliegt, mit der Ausübung der Tätigkeit einen ständigen Vertreter in diesem Staat begründen. Dieses Organ begründet dann eine sog. Vertreterbetriebsstätte.3 Weitergehende Bedeutung haben auch Fälle, nach welcher die Gesellschaft in Deutschland ansässig ist, die Geschäftsleitung jedoch in einem anderen Staat tatsächlich wirksam wird.

Um sowohl in den Fällen der Betriebsstätte als Unternehmer, insbesondere in den Fällen des sog. ständigen Vertreters, mögliche Steuerbelastungen aus dem In- und Ausland am besten gar nicht entstehen zu lassen und schon frühzeitig auf entsprechende Voraussetzungen sensibilisiert zu sein, empfiehlt es sich den Kontakt zu Ihrem steuerlichen Berater aufzunehmen und so mögliche Probleme zu identifizieren, zu benennen und entsprechende Lösungsstrategien zu entwickeln.

1 Vgl. FAZ: Siemens will Homeoffice normal werden lassen, abgerufen am 16.07.2020

2 Vgl. Analyse des OECD-Sekretariats zu Steuerabkommen und den Auswirkungen der COVID-19-Krise; 2. Absatz Nr. 5 der Analyse des OECD-Sekretariats

3 Vgl. Rz. 26, BFH Urteil vom 23.10.2018 – I R 54/16